CO-HABITATION
Der Begriff Kohabitation (von spätlateinisch cohabitare „zusammen wohnen“) wird in der Politikwissenschaft, Soziologie und Biologie – und zunehmend auch in der Architektur gebraucht. Ich meine mit Co-Habitation die gegenwärtigen Herausforderungen des Zusammenlebens von Menschen und allen anderen Tieren auf unserem Planeten – ähnlich, wie es das Ausstellungsprojekt „Cohabitation“ von ARCH+ im Jahr 2021 beschrieben hat.
Ich gehe davon aus, dass alle Tiere wie Menschen um ihrer selbst willen respektiert werden sollten, dass sie nicht missbraucht und getötet werden dürfen. Daher bin ich für ein pflanzenbasiertes Ernährungssystem, das auch am ehesten dem Klimaschutz entsprechen würde (wie u.a. diese neue Studie „Milchmärchen“ zeigt).
Da das Recht ein wichtiges Selbstverständigungs- und Steuerungsinstrument der Gesellschaft ist, sind mir nicht nur Menschenrechte sondern auch Tierrechte und Rechte der Natur wichtig. Deshalb setzt ich mich auch dafür ein, dass Ökozid als Straftatbestand im Völkerstrafrecht (neben Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Verbrechen der Aggression) anerkannt wird (Petition).
Schwere Naturzerstörung gehört zu den wesentlichen Treibern von Klimakrise und Artensterben. Das Problem ist systemisch und wird vom aktuellen Rechtsystem befördert: Schäden an der natürlichen Mitwelt werden von Behörden genehmigt, von Regierungen mit Milliarden-Subventionen gefördert und von Gesellschaften geduldet. Umweltverbrechen sind mittlerweile auf Platz 4 der organisierten Kriminalität vergerückt und generieren jährlich Umsätze von mehr als 200 Milliarden Euro. Das Äquivalent der Schäden, die durch legalisierte Naturzerstörung verursacht werden, dürfte noch deutlich höher liegen.
(HBS-Stiftung/DGVN/Stop Ecocide Deutschland, Juli 2024)
Ökozid bedeutet rechtswidrige oder willkürliche Handlungen, mit dem Wissen begangen, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit schwerer und entweder weitreichender oder langfristiger Schäden für die Umwelt besteht, die durch diese Handlungen verursacht werden.
(Rechtliche Definition vom Juni 2021)
Ich habe mich in diversen Zusammenhängen für Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und Tierrechte engagiert, aber ich sehe keine der Dringlichkeit angemessenen Fortschritte. Die drohenden und schon gegenwärtigen Zerstörungen unserer Lebensgrundlagen sind überwältigend.
Bleibt zu hoffen:
The movement will rise again, rise like a phoenix!
Und wie kommen wir in die Puschen? Mit einem neuen Bewegungszyklus, einer Bewegung, die ernst nimmt, dass die globalen sozialökonomischen Katastrophen (nicht nur Klima, sondern auch Biodiversität et. al.) einhergehen mit einem massiven Anstieg der faschistischen Bedrohung, und bisher waren es vor allem die Rechten, die die berechtigten Ängste vieler Menschen vor Zukunft und Kollaps instrumentalisiert und zur politischen Produktivkraft ihres Projekts gemacht haben.
Das bedeutet: Wir dürfen selbst und in der politischen Kommunikation diese Ängste nicht verdrängen, sondern müssen sie anerkennen. Müssen zur Akzeptanz und durch die Akzeptanz vorwärts zur realistischen Hoffnung, einer Hoffnung auf Gemeinsamkeit, Solidarität, Menschlichkeit in einer dunkler werdenden Welt, anstatt einer falschen Hoffnung, die auf Bullshit und Verdrängung aufbaut und immer entmächtigender wird, je mehr der Kollaps zur Realität wird.
(Tadzio Müller: „Zwischen friedlicher Sabotage und Kollaps. Wie ich lernte, die Zukunft wieder zu lieben“, Mandelbaum Verlag, 2024, S. 294, 297)